Auschwitz-Birkenau: 80. Jahrestag
Europäischer Holocaustgedenktag für Sinti und Roma
Zum 80. Mal jährt sich 2024 die Liquidation des „Zigeunerfamilienlagers B II e“ des ehemaligen nationalsozialistischen Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau. In der Nacht vom 2. auf den 3. August 1944 wurden die rund 4.300 im Lager verbliebenen Roma und Sinti – zumeist als arbeitsunfähig bezeichnete Frauen, Männer und Kinder ermordet und die Leichen in einer Grube neben dem Krematorium V verbrannt. Der 80. Jahrestag erinnert an die 500.000 Sinti und Roma, die im von den Nationalsozialisten besetzten Europa ermordet wurden.
© Kulturverein österreichischer Roma
Andreas Sarközi, Christian Klippl, Alexander Sarközi (v.l.) vom Kulturverein österreichischer Roma.
© Kulturverein österreichischer Roma
Anlässlich dieses besonderen Jahrestages nahmen am 2. August der diesjährigen Gedenkveranstaltung beim Mahnmal für Roma und Sinti in der KZ-Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau ältere Männer und Frauen die den Holocaust überlebten, hochrangige Vertreterinnen und Vertreter von Parlamenten, von Regierungen, der Diplomatie, internationalen Organisation, von europäischen Roma- und Sintiorganisationen teil. Das dies ein außergewöhnlicher Gedenktag mit Teilnahme ranghohen politischen Persönlichkeiten sei, zeigten die hohen Sicherheitsvorkehrungen wie Taschen- und Personenkontrolle.
Österreichische Delegation
Am 2. August 1997 fand erstmalig die Gedenkveranstaltung im ehemaligen „Zigeunerfamilienlager“ statt. Seit dieser Zeit fährt eine Abordnung des Kulturvereins österreichischer Roma alljährlich nach Auschwitz. In diesem Jahr gedachte eine fünfköpfige Delegation mit Vereinsobmann Christian Klippl an der Spitze, an die Opfer des Vernichtungslagers.
Die Republik Österreich war durch den Österreichischen Botschafter in Warschau Andreas Stadler, dem Generalkonsul in Krakau Martin Gärtner und Hannah Lessing, Vorstand Nationalfonds der Republik Österreich, repräsentiert.
Die Kundgebung war geprägt von zahlreichen Ansprachen. Die deutsche Sintizza Alma Klasing sowie der polnische Rom Boleslaw Rumanowski, beide Holocaustüberlebende, sprachen über ihren Überlebenskampf während der NS-Diktatur. Klasnig betonte, dass ihr die Wahlerfolge der rechten Parteien große Angst mache. „Ich möchte gerade die Jugend vor diesen falschen Propheten warnen und bitte Euch von ganzem Herzen unsere Demokratie zu verteidigen.“
Romani Rose, Vorsitzender des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma.
© Kulturverein österreichischer Roma
Deutsche Bundestagspräsidentin
Als erste Spitzenrepräsentantin des Deutschen Bundestages besuchte Bundestagspräsidentin Bärbel Bas Auschwitz. In Ihrer Rede sprach sie davon, dass das Ende des Nationalsozialismus keine „Stunde null“ war, auch wenn die Deutschen das damals gern glauben wollten und es heute zum Teil noch glauben. „Der Rassismus verschwand nicht einfach aus den Köpfen, das Leid der Sinti und Roma wurde nach dem Krieg nicht anerkannt. Der Völkermord wurde verschwiegen und verleugnet. Gerichte verweigerten den Überlebenden Entschädigungen, sie machten die Opfer für ihre Verfolgung selbst verantwortlich.“
"Dikh He Na Bister“
Im Vorfeld der Gedenkveranstaltung organisierte das internationale Roma-Jugendnetzwerk TERNYPE gemeinsam mit dem Dokumentations- und Kulturzentrum Deutscher Sinti und Roma unter dem Titel „Dikh He Na Bister“ (Schau hin und vergiss nicht) eine mehrtägige Bildungsveranstaltung in Krakau mit über 200 jungen Roma und Sinti sowie Nicht-Angehörigen der Volksgruppe aus ganz Europa, die ebenfalls am Gedenkakt teilnahmen.
Das „Zigeuner-Familienlager B II e“
Das im Lagerabschnitt B II e errichtete „Zigeuner-Familienlager“ war das erste Lager, das im Bauabschnitt B II angelegt wurde. Aufgrund von Himmlers sogenannten Auschwitz-Erlasses vom 16. Dezember 1942 und den Ausführungsbestimmungen des RSHA vom 29. Jänner 1943 zur Festnahme („Erfassung“) der auf dem Gebiet des Dritten Reiches sowie in den besetzten Ländern lebenden Roma und Sinti wurde am 26. Februar 1943 der erste Transport mit Roma und Sinti– Männern, Frauen und Kindern – aus Deutschland nach Auschwitz-Birkenau gebracht. Die Häftlinge wurden als „Asoziale“ eingestuft und mit einem schwarzen Winkel gekennzeichnet. Ihnen wurde die Häftlingsnummer mit dem davorstehenden Buchstaben „Z“ eintätowiert.
Die Gedenkveranstaltung wurde vom Zentralrat Deutscher Sinti und Roma, dem Verband der Roma in Polen in Zusammenarbeit mit dem Staatlichen Museum Auschwitz-Birkenau organisiert.
Ausführliche Berichterstattung unter: https://zentralrat.sintiundroma.de/gedenkveranstaltung-zum-europaeischen-holocaust-gedenktag-fuer-sinti-und-roma-am-2-august-2024/