Erinnerung an den NS-Völkermord an Roma und Sinti

26. April 2019 - Stadt Salzburg, Ignaz Rieder Kai 21

Während der nationalsozialistischen Herrschaft wurden in der Stadt Salzburg beim ehemaligen Trabrennplatz Roma und Sinti zusammengetrieben und von dort in das „Zigeunerlager Maxglan“ gebracht. Ende März / Anfang April 1943 wurde das Lager Maxglan aufgelassen. Die Mehrzahl der rund 300 Roma und Sinti wurde in das KZ-Auschwitz deportiert, eine kleinere Gruppe kam in das sogenannte „Zigeuner-Anhaltelager“ Lackenbach.

SchülerInnen der 4. Klasse des Privatgymnasiums der Herz-Jesu-Missionare mit den RednerInnen und Ehrengästen.

SchülerInnen der 4. Klasse des Privatgymnasiums der Herz-Jesu-Missionare mit den RednerInnen und Ehrengästen.

 Musikalische Einleitung mit der Romy-Hymne "Gelem, Gelem".

Musikalische Einleitung mit der Roma-Hymne "Gelem, Gelem".

Das traditionelle Lied "Gelem, Gelem" hat sich zur internationalen Hymne der Roma entwickelt. Es gibt dieses Lied in verschiedenen rhythmischen Versionen und mit unterschiedlichster Instrumentalisierung. Anlässlich der Gedenkstunde beim Mahnmal für Roma und Sinti, am 26. April 2019, wurde die Veranstaltung  mit der Roma-Hymne eingeleitet, dargeboten von Rafael Ragginger, einem Schüler der 4. Klasse des Privatgymnasiums der Herz-Jesu auf dem Hackbrett.

30 Jahre Roma-Bewegung
Christian Klippl
, Obmann des Kulturverein österreichischer Roma, freute sich, die zahlreichen anwesenden Gedenkteilnehmer zu begrüßen. Unter ihnen mit 105 Jahren der ältestes österreichische Holocaust-überlebende und Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde Salzburg, Hofrat Marko Feingold und seine Frau Hanna. „Seit dem Jahr 2002 gedenken wir hier alljährlich an unsere von den Nationalsozialisten ermordeten Volksgruppenangehörigen. Dass dies möglich ist, dafür danke unserem Partner, dem Friedensbüro Salzburg, der Stadt Salzburg und dem Land Salzburg.“

Holocaustüberlebender Marko Feingold mit Gattin Hanna.

Holocaustüberlebender Marko Feingold mit Gattin Hanna.

Klippl erinnerte daran, dass vor 30 Jahren mit der Gründung des ersten Roma-Vereins in Österreich, dem Verein Roma Oberwart, die Roma-Bewegung begann. In diesen drei Jahrzehnten konnten die aktiven Roma-Organisationen vieles in Zusammenarbeit mit den politisch verantwortlichen aus Bund und Ländern umsetzen – vor allem im Bereich der Bildung und der Ausbildung. Zum größten Erfolg gehört sicherlich die Anerkennung der Roma als sechste österreichische Volksgruppe im Dezember 1993. Ein für die Roma-Volksgruppe historische Tag. Der Vereinsobmann betonte, dass die Bemühung zur Anerkennung eng im Zusammenhang mit der Person von Prof. Rudolf Sarközi, dem Gründer des Kulturverein österreichischer Roma und langjährigen Vorsitzenden des Roma-Volksgruppenbeirates steht, der im März 2016 verstorben ist.“

Gesellschaftliches Handeln
Die Salzburger Landtagspräsidentin Dr. Brigitte Pallauf erklärte, dass aus dem Blick in die Vergangenheit endlich die Erkenntnis gezogen werden muss, dass Frieden und Menschenrechte nur dann garantiert werden, wenn nicht nationale, sondern universelle Werte das gesellschaftliche Denken und Handeln bestimmen. Die Landespolitikerin wies darauf hin, dass die Identität und Kultur der Roma zweifellos zu den wunderbaren und beständigen Aspekte unseres gemeinsamen europäischen Erbes gehört.

Mag.a Martina Berhold, designierte Stadträtin, widmete ihre Rede dem Begriff „in der Mitte der Gesellschaft“ und splittete die Definition in drei Begrifflichkeiten: „Aus der Mitte verbannen“ – „Aus der Mitte gerissen“ – „Die verlorene Mitte“. Zu jeder dieser Bedeutungen führte sie Beispiele an, welche gesellschaftliche Auswirkungen entstehen.

Mag.a Martina Maschke, Leiterin der Abteilung für bilaterale internationale Angelegenheiten und internationale Zusammenarbeit im Bereich der Erinnerungskultur im Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung, stellte vor welche Beiträge das österreichische Bildungsministerium mit seinem Holocaust Education Institut _erinnern.at_ und die International Holocaust Rembembrance Alliance (IHRA) leisten, damit ein adäquates Andenken an die Roma und Sinti während der NS-Zeit geleistet wird. „Die IHRA, Österreich und Frankreich haben unter der Leitung von _erinnern.at_ (www.erinnern.at) das erste umfassende online Unterrichtsmaterial über den Genozid an den Roma und Sinti erarbeitet. Diese Website ist bereits in elf Sprachen verfügbar und als Unterrichtsbehelf in Schulen sowohl international als auch hier in Österreich ein großer Erfolg.“

Im April dieses Jahres wurde Rosa Gitta Martl, ehemalige Geschäftsführerin des Verein Ketani Linz und Tochter der KZ-Überlebenden Rosa Winter, mit dem „Roma-Literaturpreis“ des Österreichischen PEN-Club ausgezeichnet. Anlässlich der Preisverleihung wurde ihr neuestes Buch mit dem Titel „Bleib stark“ präsentiert. Auszüge aus der Familiengeschichte las die oberösterreichische Sintiza sowie das von ihr verfasste Gedicht „Lager Maxglan“.

Gemeinderat Mag. Wolfgang Gallei, Univ.-Prof. Dr. Albert Lichtblau (v.l.).

Gemeinderat Mag. Wolfgang Gallei,
Univ.-Prof. Dr. Albert Lichtblau (v.l.).

Wie in den letzten Jahren gestalteten Schülerinnen und Schüler die Gedenkstunde mit literarischen Beiträgen. Heuer war dies die 4. Klasse Privatgymnasiums der Herz-Jesu Missionare. Die GymnasiastInnen trugen ihre Gedanken zum Thema Völkermord an den Roma und Sinti vor.

Die Gedenkstunde wird vom Kulturverein österreichischer Roma und dem Friedensbüro Salzburg mit Unterstützung von Stadt Salzburg und Land Salzburg veranstaltet.

Druckversion